Neue
Auktionsplattformen für Klassiker (OCTANE #15)
In den letzten Monaten kam
frischer Wind in die deutsche Auktionsszene. Gleich mehrere Auktionshäuser, die
in der Oldtimerszene bisher noch nicht tätig waren, jedoch durchaus Erfahrung mit
Versteigerungen haben, fühlten sich berufen, ins Oldtimergeschäft einzusteigen:
Die Firmen Auktion & Markt AG und
Auctionata Beteiligungs AG haben
beide im vergangenen Jahr eigenes Portal für Oldtimer eröffnet – classicbid und
Auctionata.
Während Auktion & Markt
AG bisher hauptsächlich dafür bekannt war, Auktionen zum Abverkauf von
Leasingrückläufern etc. an professionelle Händler durchzuführen,
fühlte sich die Auctionata
Beteiligungs AG bisher eher im Kunst- und Antiquitätenmarkt zuhause.
Nun fühlen sich beide als
neues Forum für Sammler und Liebhaber. „Die besondere Liebe und
Leidenschaft für klassische Fahrzeuge hat das Unternehmen dazu bewogen, dafür
eine eigene Sparte ins Leben zu rufen“, so Classicbid-Leiter
Günter Kaufmann. Wie auch bei Auctionata werden die zum Verkauf stehenden
Klassiker auf einer Homepage vorgestellt. Bei Classicbid können zahlreiche
Fahrzeuge auch im Freiverkauf erworben werden. Dazu steht in Weiterstadt ein
Showroom zur Verfügung, der übrigens auch die Location für die Auktionen
darstellt. Auch bei den Auctionata ist es grundsätzlich möglich, im Studio live
dabei zu sein. Der Unterschied zwischen den beiden Situationen liegt also
zunächst darin, dass bei Classicbid mit dem Showroom ein eher herkömmlicher
Auktionssaal mit Publikum zur Verfügung steht, im dem für das Online-Portal,
das bisher allerdings nur gewerblichen Kunden zugänglich ist, live mitgefilmt
wird, während bei Auctionata im professionellen Filmstudio für die Internet-Live-Auktion
auch Publikum zugegen ist.
Zur Eröffnungsveranstaltung kamen über 300
Besucher nach Weiterstadt, bei der zweiten waren es immerhin rund 150 –
insgesamt deutlich mehr als vom Veranstalter erwartet. Während bei der ersten
Auktion auch nur vergleichsweise beschiedene fünf Fahrzeuge angeboten und vier
davon versteigert wurden, waren es bei der zweiten Auktion bereits 16
angebotene Oldies, von denen 10 als versteigert plus zwei als unter Vorbehalt
versteigert gemeldet wurden. Durch diesen Anfangserfolg angespornt wird
Classicbid auch 2015 weitere Auktionen veranstalten, die Termine findet man im
Internet.
Die erste Auktion von Auctionata war indes sehr
zufriedenstellend: über 630 registrierte Bieter aus 31 Ländern kauften immerhin
26 von 31 Fahrzeugen, deren teuerstes zunächst ein Riley Brooklands für 165.000
Euro war – bis im Nachverkauf der 1955er VW Samba, über dessen exorbitant hohen
Schätzpreis noch gelacht wurde, doch noch für sagenhafte 190.000 Euro einen
neuen Liebhaber fand. Live-Zuschauer und Bieter kamen übrigens, trotz der
Möglichkeit, keine ins Studio.
Nun ist es aber keine ganz neue Erfindung, denn
schließlich konnte man auch bisher bei Auktionen online oder per Telefon mit bieten.
Lediglich die konsequente Umsetzung des Konzepts ist neu. Ebenso neu wie die
Smartphone-Auktion, die Classic Car Auction-Urgestein Rick Cole im vergangenen
Jahr in Monterey präsentierte. Rick Cole hat 1986 mit der allerersten Auktion
anlässlich des Pebble Beach Concours d’Elegance Geschichte geschrieben und damit
den Startschuss gesetzt zu dem, was die Monterey Classic Car Week heute ist –
das weltweit wichtigste Zentrum des Oldtimer-Universums. Die Überlegung des Auktions-Pioniers
war, dass die schiere Menge an Veranstaltungen den potentiellen Käufer davon
abhalten konnte, rechtzeitig persönlich vor Ort zu sein. Viele der Auktionen
rund um Pebble Beach überschneiden sich gegenseitig oder finden zeitgleich mit
anderen Veranstaltungen statt. So dachte sich Cole, dass es doch bequemer wäre,
einfach zu einem beliebigen Zeitpunkt das Objekt der Begierde zu begutachten und
sein Gebot abzugeben. Ähnlich, wie man es von Ebay kennt, wird man
benachrichtigt, wenn man überboten wird oder den Zuschlag erhält. Laut Auskunft
eines Käufers klappte alles sehr gut und wurde in der Abwicklung als angenehm
empfunden.
Man kann also davon ausgehen, dass Online- und
Internet-Live-Auktionen durchaus das Potential haben, eine ernstzunehmende Größe
in diesem Business zu werden. Sicher werden – nicht nur zu Beginn -
zuverlässige und seriöse Beschreibungen der Fahrzeuge sowie kompetente
Mitarbeiter eine besonders wichtige Rolle in diesem Prozess spielen. Beinahe
sicher scheint es außerdem, dass auch die alteingesessenen, „analogen“
Auktionshäuser wie RM, Goodings, Bonhams und Co den Online-Plattformen künftig
mehr Aufmerksamkeit schenken werden. Deren komplette Abkehr von der
traditionellen Form der Oldtimer-Auktion ist indes wohl nicht zu befürchten.
Günter Kaufmann, Leiter Classicbid:
„Hinter Classicbid steht mit der
Auktion & Markt AG ein solides Unternehmen mit 26 Jahren Auktionserfahrung
einschließlich einer 10-jährigen Erfolgsgeschichte auf dem Gebiet der
Online-Auktionen. Der Schwerpunkt unserer Auktionen liegt seit jeher auf
Gebrauchtfahrzeugen. Autos sind unsere große Leidenschaft! Oldtimer und
Youngtimer sowie andere außergewöhnliche Fahrzeuge sind natürlich besonders
faszinierend. Deshalb haben wir mit Classicbid einen eigenen Geschäftsbereich
für klassische Automobile ins Leben gerufen. Unsere Erfahrungen der ersten
Classicbid-Auktionen in 2014 waren durchweg äußerst
positiv und wir freuen uns sehr darüber, dass wir nun regelmäßig
Klassiker-Auktionen durchführen werden. Aktuell setzen wir schwerpunktmäßig auf
eine Kombination aus Live-Auktion und Online-Auktion, wobei die
Online-Teilnahme unseren gewerblichen Kunden vorbehalten ist. Dadurch verbinden
wir die Vorteile beider Verfahren und unsere Kunden profitieren von dem
Live-Geschehen und der Besichtigungsmöglichkeit vor Ort und der globalen
Reichweite.“
www.classicbid.de
Wolfgang Jochum, Head of Classic Cars, Auctionata:
F: Wie kommt Auctionata,
eigentlich im Thema Kunst & Antiquitäten zu Hause, ausgerechnet darauf,
Oldtimer-Auktionen anzubieten?
A: „Auctionata bietet
neben Kunst und Antiquitäten bereits sehr erfolgreich Produkte aus dem
Luxusgütersegment wie Uhren, Schmuck und Wein an. Bei Uhren und Wein sprechen
wir eine ähnliche, vornehmlich männliche Sammler-Zielgruppe an und sind davon
überzeugt, dass Classic Cars dieses Portfolio hervorragend ergänzen.“
F: Und warum gerade als
Online-Auktionen?
A: „Auctionata ist
angetreten, um Auktionen generell einem weltweiten Publikum per Livestream via
Internet zugänglich zu machen – egal ob asiatische Kunst, Gemälde von Alten
Meistern, Rolex-Uhren oder eben Classic Cars versteigert werden. Unser Konzept
bedeutet, dass man für die Teilnahme an einer Auktion nicht irgendwohin reisen
muss, sondern dies ganz bequem von zu Hause am Rechner tun kann. Mithilfe
unserer hochwertigen und detaillierten Produktfotos, der umfangreichen
Beschreibungen und der Nahaufnahmen aus dem Livestream-Studio bekommen die
Bieter einen sehr guten Eindruck von den Objekten. Zusätzlich können sie per
Chat oder telefonisch in Echtzeit Kontakt mit dem Auktionator, dem Experten im
Studio oder unserem Kundenservice aufnehmen, live während der Auktion
interagieren und beispielsweise Fragen zum Produkt stellen. Das Gefühl, vorm
Bildschirm die Auktion per Livestream zu verfolgen, kommt der Anwesenheit im Auktionssaal
sehr nahe. Wir bringen sozusagen den Auktionssaal zum Bieter nach Hause.“
F: Kann ich theoretisch
auch persönlich vor Ort an einer Ihrer Auktionen teilnehmen?
A: „Bieter und Gäste
sind in unserem Livestream-Studio in Berlin vor und während einer Auktion
jederzeit herzlich willkommen. Auctionata bietet generell alle Services eines
klassischen Auktionshauses – von der Expertenschätzung von Objekten über eine
Vorbesichtigung bis zum Bieten im Saal vor Ort.“
F: Was ist Ihre
Erfahrung aus Ihrer ersten Auktion? Wurden die Erwartungen erfüllt?
A: „Aus unserer Sicht
und – fast noch wichtiger – auch aus der Sicht der Verkäufer wurden die
Erwartungen an unsere erste Classic Cars-Auktion mehr als erfüllt. Wir haben in
der Auktion zwei Drittel der Fahrzeuge direkt verkaufen können. Bei den
Objekten, die unter Vorbehalt zugeschlagen wurden, konnte mit dem VW Barndoor,
der im Nachverkauf für 190.000 Euro den Besitzer gewechselt hat, ein neuer
Weltrekordpreis erzielt werden, der sogar CNN einen Bericht wert war. Neben
zahlreichen Medienerwähnungen haben wir viel gutes Feedback und Zuspruch aus
der Branche bekommen. Natürlich haben wir bei unserer Classic Cars-Premiere
auch noch einige Verbesserungspotenziale identifiziert, die wir teilweise
bereits bei unserer nächsten Auktion am 27. Februar 2015 umsetzen werden.“
F: Wie schätzen Sie die
Zukunft für Online-Auktionen ein?
A: „In allen Branchen
hat sich das Internet in den letzten Jahren als Wachstumsmotor herausgestellt.
Die Digitalisierung schreitet auch im Bereich Kunsthandel und Auktionswesen
weiter voran. Auch die großen, etablierten Auktionshäuser gehen immer mehr
Schritte in Richtung online. Von daher denke ich, dass Auctionata mit seiner
visionären Strategie und seinem einzigartigen Geschäftsmodell mit der Kombination
aus lokalem Service vor Ort und weltweiter Reichweite durch Livestream-Auktionen
nicht nur auf dem richtigen Weg, sondern auch ein Vorreiter dieser Zukunft
ist.“
www.auctionata.de
Rick Cole, CEO Rick Cole Auctions:
F: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, wieder nach Monterey zurück zu
kehren?
A: Ich habe schon länger
darüber nachgedacht, wieder eine regelmäßige jährliche Auktion durchzuführen.
Als eine andere Auktionsfirma wegen Platzproblemen aus dem Monterey Mariott
auszog, habe ich die Möglichkeit einfach ergriffen.“
F: Warum ausgerechnet eine Auktion, die auf Smartphones basiert?
A: Während der Pebble
Beach-Woche finden über 25 Veranstaltungen statt. Es wäre beinahe Selbstmord, zu
versuchen, eine neue Auktion mit Publikum zu füllen. Ich habe beobachtet, wie
sich RM und Gooding jahrelang am Samstagabend um das gleiche Publikum stritten.
Mit meinem Konzept beobachten und bieten meine Kunden jederzeit per Smartphone,
egal wo sie sich gerade aufhalten.
F: Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
A: Mein Partner Terry
Price und ich hatten zwei Ziele: Excellente Fahrzeuge anzubieten und ein
komfortables, kundenfreundliches Auktions-Erlebnis zu ermöglichen. Wir haben
beides erreicht und werden das simple Konzept daher www.octane-magazin.dewiederholen.
F: Schmeichelt es Ihnen, wenn andere Auktionen Ihrem Beispiel folgen?
A: Was wir gemacht haben,
ist nicht neu im Auktionsgeschäft. Es ist aber neu im Geschäft mit
Sammlerfahrzeugen. Ich denke, es werden künftig auch andere Auktionshäuser das
Bieten per Smartphone anbieten, jedoch nur begleitend zur herkömmlichen Live-Auktion.
Unser Konzept hat sehr gut funktioniert und passt sich wunderbar in den Marktplatz
Monterey ein.
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