Donnerstag, 4. Juni 2015

21 Gun Salute Rally – New Delhi


Eine ungewöhnliche Veranstaltung mit einem ungewöhnlichem Namen: „21 Gun Salute Rally – 5th International Vintage Car Rally & Concours Auto Show“ – was verbirgt sich dahinter?

Zunächst – die Gun Salutes waren eine Form der protokollarischen Begrüßung des Oberhauptes eines indischen Königreiches während der britischen Herrschaft. Je mehr „Gun Salutes“ die „Britishers“ einem Maharaja zugestanden haben, der die Hauptstadt besuchte, desto wichtiger war sein Reich bzw. desto höher sein „Rang“ verglichen mit anderen Maharajas. Die höchste Ehre waren 21 Gun Salutes, die nur 3 Maharajas zuteil wurden. Danach folgten 19, 17, 15, 13, 11 und 9 Gun Salutes. Die Führer dieser sog. Salute States durften sich offiziell als „Highness“ betiteln. Insgesamt waren 122 der rund 565 indischen (Klein-) Königreiche in dieser Hierarchie einsortiert.




Kein Wunder also, dass bei einer Veranstaltung mit einem solchen Namen 51 Maharajas unter den angekündigten Gästen waren. Überhaupt ist die immer noch vorhandene Bewunderung der königlichen Familien in Indien auffällig. Anders als in anderen Teilen der Welt, sind die indischen Royals, obwohl seit 1947 entmachtet, immer noch hoch angesehene Leute.

Seit nunmehr knapp 2 Jahren ist es grundsätzlich möglich, in Indien Oldtimer ein- und auszuführen, wenngleich das mit hohen Zöllen, Steuern und einem unglaublichen bürokratischen Aufwand einher geht. Bislang hält sich daher der Zustrom an Klassikern sehr in Grenzen. Umso mehr ist es gerade den königlichen Familien zu verdanken, dass in Indien überhaupt Oldtimer vorhanden sind – je nach Gesprächspartner spricht man von nur ca. 2.000 bis 4.000 Fahrzeugen im gesamten Subkontinent. Die Maharajas, unter den Briten eher zur Untätigkeit verdammt, hatten genug Geld und Zeit, sich schon in den 1920er und 30er Jahren Autos zu kaufen. Besonders beliebt waren natürlich Fahrzeuge der britischen Marke Rolls Royce, die sicher einen guten Teil ihres Erfolges dieser Beliebtheit bei den märchenhaften indischen Maharajas verdankte, um die sich so viele Legenden rankten.

Jedenfalls kamen in Delhi ca. 150 Fahrzeuge zusammen, die auf dem Vorplatz des Red Fort Aufstellung nahmen und dort vom Publikum bewundert werden konnten. Das älteste war ein 1913er Stöwer, die jüngsten Fahrzeuge stammten aus den späten 1950er Jahren. Die anschließende Rally ins ca. 30 km entfernte Gurgaon verdient diesen Namen nach unserem Verständnis natürlich nicht – es war eher eine gemeinsame, innerstädtische Ausfahrt ohne Zeitnahme, aber immerhin mit einigen Durchfahrkontrollen, die auch der Fahrer des wackeren 1930er Studebaker Tourer absolvierte, der mich auf dem Rücksitz mit auf die Fahrt durch die indische Hauptstadt nahm. Auf dem dortigen Veranstaltungsgelände warteten schon weitere 100 Oldtimer, was diese Veranstaltung bestimmt zum größten Oldtimertreffen Indiens machte. Am zweiten Tag wurde eine weitere, gut 20 km lange Ausfahrt organisiert, die ich im herrlichen 1937er Bentley All Weather Tourer des Sammlers Larry Lim aus Singapur miterleben durfte.



Auch den Concours d’Elegance, dessen Jury ich angehörte, hielt dem Vergleich mit internationalen Standards natürlich nicht stand. Zusammen mit Douglas Fox, einem in Malaysia lebenden Briten, und einigen weiteren Jurymitgliedern machten wir das Beste daraus. Immerhin hat der Veranstalter, der unglaublich viel Herzblut (und privates Geld) in diesen Event gesteckt hat, ein sehr ernsthaftes Interesse, diese Standards künftig zu erfüllen, wobei wir ihm gerne behilflich waren und wohl auch noch in Zukunft sein werden.


Besonders interessant an der indischen Oldtimerszene ist, dass man hier Fahrzeuge zu sehen bekommt, von denen man, wenn überhaupt, nur Fotos kennt. Und man lernt eine völlig andere Umgehensweise mit Oldtimern kennen, die einerseits ein wirkliches Statussymbol sind, andererseits zunehmende Begeisterung und Interesse in der normalen Bevölkerung auslösen. Das erste Ziel hat der Veranstalter also bereits erreicht.


(Wer noch etwas mehr von dieser Veranstaltung sehen möchte, dem sei der Blog von Claus Müller empfohlen: www.classicmotourist.blogspot.de)





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