Dienstag, 3. März 2015

Das richtige Öl für meinen Oldtimer - Interview (OCTANE # 15)

(OCTANE # 15)


Fragen über Fragen

Öl-Test gibt es viele. Leider wird dabei allzu häufig mit komplizierten Sachverhalten, Fachausdrücken und Detailinformationen gewuchert, die den normalen Oldtimer-Fahrer in aller Regel überfordern. Frischöl-Tests sind zudem nur bedingt aussagekräftig, da man dann zwar weiß, was drin ist, nicht aber, wie sich das Öl nach beispielsweise 1.000 km verhält.

Nicht-Fachleute haben schon Schwierigkeiten, sich Begriffe wie Basen, alkalische Reserve, Dispergentien, Schwefelanteil, Grundöl oder gar Abkürzungen wie ACEA, EP und SAE zu merken - geschweige denn, zu verstehen was diese bedeuten und wie sie zusammenwirken. Nicht verwunderlich daher, dass wohl 80 bis 90 % der Oldtimerfahrer immer noch das falsche Öl verwenden. Und das, obwohl es, wie gesagt, seit Jahren immer wieder groß angelegte Test gibt.

Gespräche mit verschiedenen Anbietern brachten immer wieder das gleiche Ergebnis: Die Verbraucher haben immer wieder die gleichen Fragen. Und nur sehr wenige setzen sich überhaupt derart mit der Thematik auseinander, dass sie sich aufraffen, ihre Fragen auch tatsächlich zu formulieren und sich an die Hersteller zu wenden. Die meisten schütten nach wie vor einfach irgend etwas in den Motor, erschreckenderweise wohl hauptsächlich billiges 20W50 aus dem Baumarkt.

Daher stellen wir zunächst einige ganz grundsätzliche und vor allem einfache Fragen an drei Anbieter von Oldtimerölen (insgesamt gibt es auf dem deutschen Markt mittlerweile 22 Anbieter), um etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Kurz zusammengefasst: Es macht wirklich Sinn, sich um das richtige Öl zu bemühen. Und einmal (pro Fahrzeug) vernünftig darüber nachzudenken reicht eigentlich. Wer trotzdem noch unsicher ist – die Hersteller geben gerne individuell Auskunft!

Befragt wurden:
Walter Wagner, Geschäftsführer, WAGNER Spezialschmierstoffe GmbH & Co. KG
Olaf Dobrowolski, Vertriebsleiter
 National und International
 
MVG® Mathé-Schmierstofftechnik GmbH (Chromjuwelen)
Patrick Kirgus, Produkt Manager Östol Oldtimer Oils

F: Was genau versteht man unter Oldtimeröl? Die Verpackung allein kann es ja nicht ausmachen?
Unter Oldtimeröl verstehen wir Motoren- und Getriebeöle, bei denen die Auswahl der Grundöle und deren Additivierung,  genau auf die Anforderungen von klasssischen Fahrzeugen abgestimmt sind.

Ein Oldtimer Motorenöl sollte die Anforderungen des klassischen Motors erfüllen. Diese sind oft unterschiedlich. (z.B. Ölfilter ja oder nein) Bei nicht überholten Motoren sollten Motorenöle mit geringen Additivpaketen eingesetzt werden. Da hier unter Umständen die Reinigungswirkung zu stark sein kann. Bei überholten Motoren kann ohne Bedenken ein Öl mit ausgewogenen Additivpaket verwendet werden.

Ein Oldtimeröl der Marke Östol ist eine Komposition (Zusammenspiel) aus einem mineralischen Erstraffinat und einer abgestimmten milden Legierung (Bestandteil der Additive im Öl), basierend auf den Originalrezepturen und 100 Jahren Erfahrung. Die Viskositäten und Legierungen der Produktgruppen sind dabei auf die Anforderungen der verschiedenen Altersklassen ausgerichtet, sprich Vorkriegsfahrzeuge, Nachkriegsfahrzeuge und Youngtimer.

F: Wie setzt sich Oldtimeröl zusammen? Werden Additive verwendet und wenn ja, welche?
Jeder Motoren- oder Getriebeschmierstoff, sei es modernes Öl oder ein Oldtimeröl setzt sich aus einem Grundöl und Additiven zusammen.
Die Auswahl der Grundöle und die Additiverung sind maßgebend ob ein unlegiertes Einbereichsöl oder ein Mehrbereichsöl herstellen wird.
Oldtimeröl wird grundsätzlich aus einem mineralischen Grundöl in Kombination mit Verschleiß- und Korrosionsschutz Additiven, Reinigungs- und Schmutztragewirkstoffen Viskositätsverbesser und Schauminhibitoren hergestellt. 
Dabei geht die  Additivierung geht natürlich nur soweit wie es den Anforderung für das entsprechende Oldtimeröl  voraussetzt. Zum Beispiel enthalten unlegierte Einbereichsöle keine Reinigungs- und Schmutztragewirkstoffe und keine Viskositätsverbesserer.

Aus einem hochwertigen mineralischen Grundöl auf Basis von Kohlenwasserstoffverbindungen und einem abgestimmten Additivpaket. Verschleißschutz-Addditiv, Korrosionsschutz-Additiv, und VI-Verbesserer.

Ein Oldtimeröl der Marke Östol setzt sich immer aus qualitativ hochwertigen Rohstoffen zusammen. Für die Produktgruppen bedeutet dies ein mineralisches Erstraffinat als Grundöl und ein auf die Produktgruppe abgestimmter Anteil an Additiven. Welche Additive verwendet werden hängt immer vom Alter und Zustand des Motors (mögliche Revision) ab.
Unlegierte Öle: keine Additivzusätze, Qualität wird durch das Grundöle bestimmt durch Eigenschaften wie: Viskosität, Kälteverhalten und der Verdampfungsverlust
Mild legierte Einbereichsöle: Alterungsschutz, Pourpoint Verbesserer (Verbessert die Fließeigenschaften des Öls), Antioxidant (Verhindert die Korrosion des Öls), Verschleißschutz, Detergentien (Neutralisation saurer Abgase)
Mild legierte Mehrbereichsöle: siehe mild legierte Einbereichsöle + Dispersanten (Vermeidung von Ölschlammbildung), Viskositätsindexverbesserer (gibt dem den Charakter eines Mehrbereichsöls => SAE 20W-50 Öl verhält sich dank Additiv beim Kaltstart wie ein 20er Einbereichsöl und bei warmen Motor wie 50er Einbereichsöl). Außerdem ist der Anteil der Additive im Vergleich zu den Einbereichsölen höher.

F: Warum kann ich bei Oldtimern oder Youngtimern kein vollsynthetisches Öl verwenden?
Vollsynthetische Öle verhalten sich im Gegensatz  zu mineralischen Ölen im Hinblick auf die eingesetzten Dichtungsmaterialen von klassischen Fahrzeugen immer negativ.
Ein weiterer Aspekt ist, das es sich bei vollsynthetischen Öle immer um  Mehrbereichsöle handelt, dessen Grundölviskositäten für klassische Fahrzeuge im den meisten Fällen viel zu niedrig ist.
Weiterhin enthalten vollsynthetische Öle einen hohen Anteil an Reinigungs- und Schmutztragewirkstoffe, die bei Motoren im Originalzustand extrem reinigend wirken und den Motor sozusagen auswaschen können.  Ein hoher Ölverbrauch, Leckagen, Kompressionsverlust oder sogar ein Motorschaden kann die Folge sein.

Ein vollsynthetisches Motorenöl ist oftmals sehr dünnflüssig. Dieses kann bei älteren Motoren zu Problemen beim Öldruckaufbau führen. Allerdings fahren mittlerweile einige überholte Youngtimermotoren (1980-1990) auch vollsynthetische Öle.

Die derzeitigen vollsynthetischen KFZ-Schmierstoffe können einen Additivanteil von bis zu 30% aufweisen. Das Öl ist auf verlängerte Ölwechselintervalle und höhere Anforderungen aufgrund des stetigen Fortschritts der Motorentechnik ausgelegt.  
Betrachtet man die Bauweise von Oldtimern hat man ein anderes Anforderungsprofil an den Schmierstoff. Hier spielen die verbauten Komponenten eine große Rolle wie z.B. Dichtungen, Ventile und Buntmetalle wie z.B. Bronze oder Kupfer.
Die damaligen Motoren weisen zudem höhere Fertigungstoleranzen auf, weshalb die "modernen" Öle viel zu dünn sind. Die hohe Additivierung kann deshalb Buntmetalle angreifen oder Dichtungen aufquellen und brechen lassen.

F: Bei Vorkriegsfahrzeugen soll man ja sogar unlegiertes Öl verwenden. Warum eigentlich?
Vorkriegsfahrzeuge sind zum einen mit Weißmetalllagern ausgestattet und zum anderen haben die Motoren dieser Baujahre keine Ölfilter.
Unlegierte Öle verhalten sich neutral gegenüber den eingesetzten Lagermetallen und Dichtungsmaterialien der damaligen Baujahre.
Schmutzeintrag durch Verbrennungsruß und Abrieb ins Öl werden nicht in der Schwebe gehalten und können sich absetzen.

Hier ist es wichtig die Verunreinigungen nicht in Schwebe zu halten. Da viele Vorkriegsmotoren keinen Ölfilter besitzen sollten die Verunreinigungen zum Boden der Ölwanne sinken.

Bei Vorkriegsfahrzeugen gab es noch keine Ölfilterung, weshalb man von der Ölschlammbildung spricht. D.h. das Öl bindet die Schmutzpartikel und lagert sich am Boden der Ölwanne ab. Die Detergentien und Dispersanten in den vollsynthetischen Ölen bzw. in einem SAE 20W-50 halten die Schmutzpartikel in der Schwebe. D.h. bei diesen Ölen würden die Schmutzpartikel ungefiltert im Motor zirkulieren und können Ventile zusetzten oder durch Reibung zwischen Zylinderkolben und Zylinderkolbenwand Risse oder Riefen bilden. Des Weiteren wurden bei Vorkriegsfahrzeugen oftmals Buntmetalle wie Bronze verbaut, weshalb das verwendete Grundöl und die Additive die Verträglichkeit mit diese verbauten Metallen garantieren muss. Östol vertraut deshalb auf ein hochwertiges mineralisches Grundöl ohne Additive.  


F: Es gibt ja insgesamt eine Vielzahl unterschiedlicher Viskositäten. Bei Oldtimerölen sind es schon deutlich weniger. Was hat es damit auf sich?
Die Aussage und Frage ist so nicht richtig. Wir als Hersteller von Oldtimer Schmierstoffen bieten eine Vielzahl von unterschiedlichen Ölen an. Dazu gehören unlegierte und hochlegierte Einbereichsöle der Viskostitätsklassen  SAE 10 bis SAE 50 . Weiterhin bieten wir mild legierte Getriebeöle der Viskostitätsklassen SAE 80 bis SAE 250  an.
Richtig ist die Aussage, wenn wir das Produktportfolio von Oldtimerölen unser Mitbewerber betrachten. Das Produktsortiment unserer Mitbewerber reduziert sich auf ein paar wenige Sorten mit dem größten Marktpotential, die nicht ausreichen um die Vielzahl von Anwendungsfällen vom Beginn an der Motorisierung abzudecken.

Das Anforderungsprofil eines Oldtimermotors ist nicht so groß wie das eines modernen Motors. Die Motorentechnik von heute ist filigraner als die von früher.

Dies hat wieder mit dem Vergleich der Motorentechnik zu tun. Die heutige Motorentechnik mit Abgasnachbehandlung setzt ein 5W30 und 5W40 voraus. Dies ist aber nur eine Tendenz, jedoch ist die Anzahl nicht unbedingt geringer. Der Unterschied der Viskositäten liegt an den höheren Fertigungstoleranzen im Vergleich Oldtimer zu heutigen PKW-Motoren sowie Anforderungen an die Additivierung. Beobachtet man diese Trends wird in ein paar Jahren zum Beispiel ein 10W-40 für die heutigen PKW´s nicht mehr gefordert.

F: Wie oft muss man eigentlich einen Ölwechsel vornehmen? Moderne Oldtimeröle sind ja sicherlich besser als die Öle von vor 30, 50 oder 80 Jahren und deshalb kann man ja wohl die damals vorgegebenen Wechselintervalle nicht mehr gelten lassen?
Über die Qualität eines Oldtimeröls lässt sich streiten. Die Frage ist vielmehr die richtige Auswahl für den jeweiligen Einsatzfall. Die Qualität eines Oldtimeröls in Verbindung mit einem verlängerten Wechselintervall zu bringen kann so nicht bestätigt , bzw beantwortet werden.  Man  bedenke , dass in den 20 und 30iger Jahren in den Betriebsvorschriften der Fahrzeuge Ölwechselintervalle zwischen 500 und 1500 km vorgegeben wurden. Vielmehr hängt der Ölwechselintervall von vielen Faktoren ab, wie gefahrene Kilometer, Kurz- oder Langstrecke, Vergaser-und Einspritzanlagen Einstellung, Kompression, Durchblasgase etc. Nachdem wir heutzutage durchweg E 5 Kraftsoff tanken und unverbrannte Kraftstoffrückstände ins Motoröl  kommen, empfehlen wir auch wenn die Laufleistung etc. einen längeren Ölwechselintervall zulassen würde , jährlich das Öl vor der Einwinterung zu wechseln.

Empfehlung ist einmal im Jahr nach der Saison (Herbst). Bedingt durch lange Standzeiten und Ölverdünnung durch den Bioanteil in heutigen Kraftstoffen.

Ich gebe Ihnen Recht, das Ölwechselintervall bei einem modernen Oldtimeröl ist sicherlich besser, jedoch erreichen die meisten Oldtimer kaum eine Jahresleistung von 500 km. Ein weiterer Faktor spielt die Konservierung im Winter. Viele Besitzer stellen den Oldtimer nach der letzten Ausfahrt in der Garage ab. Was die Wenigsten wissen ist, dass das Öl weiter Alter, da durch die geöffneten Ventile und der Auspuff Luft und Feuchtigkeit gezogen wird. Hierdurch entsteht Korrosion im Motorraum und erschwert den Startvorgang durch das angezogene Kondenswasser beim Ausmotten im Frühjahr. Daher empfehlen wir bei einer fachgerechten Einlagerung im Winter ein Intervall von 2 Jahren und ansonsten ein jährliches Intervall. D.h nicht die Laufleistung, die sehr gering beim Oldtimer ist, ist der ausschlaggebende Grund für das Wechselintervall, sondern das Einmotten.

WAGNER Spezialschmierstoffe GmbH & Co. KG: www.oldieoel.de
Mathé-Schmierstofftechnik GmbH: www.otto-mathe.de 
Östol Oldtimer Oils: www.oestol.de






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